Mexiko 2002 2.Teil

Nach Durango und Zacatecas

Beim Warten auf die Fähre traf ich Paco, einen riesigen Kerl aus Hamburg mit Ledernacken-Statur. Er ist ein cleveres Kerlchen und ist unter all den Personen die ich bisher so getroffen habe der Weltmeister unter den Travellern. Wir haben uns sofort gut verstanden. Die Überfahrt ging übernacht, und so breiteten wir uns auf dem Deck aus. Leider haben wir unseren Platz im Luv gewählt, und so haben wir den ganzen Ruß des Diesels abbekamen. Trotzdem war die Nacht wunderschön. Den Sternenklaren Himmel über uns und das rauschen des Bootes. Ziemlich genial. schalt dei bild ei du depp In Mazatlan war es unglaublich schwül. Die drückende Hitze trug weiter dazu bei, daß Paco und ich beim tragen unserer Rucksäcke fluchten und zeterten. Bis wir am Hostel angelangt waren konnte ich mein T-Shirt auswringen. Dort im Hostel gings erst mal unter die Dusche, den Schweiß und den Dreck von der Überfahrt abzuwaschen tat gut. Den Rest des Tages verbrachten wir damit von einem klimatisierten Restaurant zum nächsten zu flüchten. Ich wollte unbedingt noch die Uferpromenade entlang laufen, aber Paco war nur schwer zu begeistern. Es sei ihm zu heiß. Als ich ihn endlich überzeugt hatte von meiner Idee, gingen wir los. An einer halbschattigen Bank wollte ich Rast machen (es war dann doch noch heißer als ich dachte). Wir saßen keine 30 Sekunden auf der Bank, als mir die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens klar wurde. Wir schwitzten wie die Schweine und quälten uns nur noch durch die Gegend. Das ist mit Sicherheit nicht das Klima in dem ich mich wohl fühle. Wir gaben auf und kehrten zurück ins Hostel wo wir uns in Schaukelstühle setzten und uns dort bis abends um 8 nicht mehr bewegten. Als wir dort so dasaßen, in ,kurzen Hosen, Oberköper frei, den Ventilator auf Full-Power und uns für Stunden quasi nicht bewegten meinte Paco noch voller Ernst, so heiß sei es doch eigentlich gar nicht. Er müsse schon gar nicht mehr schwitzen. Für uns stand fest, daß wir am nächsten Tag früh morgens nach Durango in die Berge fahren würden. Dort ist es kühler. Die Fahrt dorthin ist beeindruckend. Eine steile Straße geht in zum Teil gewagten Kehren hinauf in die immer dichter bewachsenen Berge. Man durchquert mehrere Vegetationszonen und kommt schlußendlich auf einer Hochebene an, die von Büschen und Kakteen bewachsen ist. Das Klima dort oben ist kühl aber trocken. Durango ist eine schöne Stadt, die einen sehr wohlhabenden Eindruck macht. Es gibt ein kleines Filmmuseum, einen schönen Zocalo und viele tolle Bäckereien in denen wir uns mit Süßigkeiten den Bauch vollschlugen. Doch wir blieben nur eine Nacht und fuhren am nächsten Tag nach Zacatecas weiter. Der Langstreckenbus brachte uns an den Zentralen Busbahnhof. In fast allen Städten Mexikos liegt der Zentralbahnhof alles andere als Zentral. Aber in kaum einer Stadt liegt er so außerhalb wie in Zacatecas. Nachdem wir endlich den richtigen Bus in die Stadt erwischt haben und (wie immer) falsch ausgestiegen sind, liefen wir in die Stadt und fanden nach kurzem Suchen ein schönes Hostel, die Villa Colonial.

Zacatecas

Wir hatten nicht vor länger als 2 Tage zu bleiben. Aber erst nach schlußendlich 3 Wochen brachten wir es fertig uns von diesem Ort zu trennen, und daß auch nur, weil wir schließlich noch etwas anderes sehen wollten. schalt dei bild ei du depp Das Hostel wird von Ernesto geführt, einem jungen lustigen Mexikaner der selbst schon die halbe Erde gesehen hat. So kennt er die Bedürfnisse der Travellers und führt das Hostel wirklich mustermäßig. Er animiert die Leute etwas zu unternehmen, erzählt Geschichten und erklärt Zusammenhänge. So gingen wir zum Beispiel mit ihm zusammen am Tag der Toten auf den Friedhof und Ernesto erklärte uns den Ursprung dieses so wichtigen Feiertages in Mexiko (an dieser Stelle sei darauf verzichtet, wenn ihrs wissen wollt, dann geht halt selbst nach Zacatecas...;-)...). Vor allem aber animierte er die Leute gemeinsam in die Diskos zu gehen und dort stellte er oft den Kontakt zu Locals her. Er und sein Hostal waren mit Sicherheit der Hauptgrund für unser langes Bleiben in Zacatecas. Dazu ist der Ort wirklich schön und das Koloniale Erbe in Mexiko ist kaum irgendwo so lebendig wie hier. schalt dei bild ei du depp Wir haben jede Menge Leute (v.a. Mädels...) kennengelernt, und wirklich viel erlebt. Ein Charro (eine Art Rodeo), einen Stierkampf, den Präsidenten Vincente Fox, ein Autorennen (die Panamericana, ein Oldtimerrennen durch Mexiko), und ein Strassentheaterfestival. Ich war begeistert von dieser Stadt. Zudem waren zu dieser Zeit auch extrem coole Leute im Hostal. Es bildete sich eine Gruppe von ca. 8 Leuten aus 6 Nationen. Wir unternahmen viel zusammen, aber Paco und ich strebten vor allem nach Kontakt zu den Locals. Das ist uns auch ganz gut gelungen. Vor allem aber hatten wir viel Spaß. Mit ihm hab ich oft soviel gelacht das mir die Luft ausging. Er ist ein Weiberheld wie ich noch keinen gesehen habe. Man konnte sich kaum umdrehen ohne daß er schon wieder ein Mädel an der Hand hatte. Aber er ist auch ein netter Kerl um sich über Gott und die Welt zu unterhalten. Auf jeden Fall hatten wir jede Menge Spaß. Ein Dauerlacher waren die Schwulen in Zacatecas. Die waren derartig aufdringlich, daß wir zum Teil richtig fliehen mußten. In den Diskos hatte ich die Hände wirklich überall. Und ständig sind uns die Typen nachgelatscht. In unserer Verzweiflung konnten wir nur noch darüber lachen. Oder uns an die nächste Braut schmeißen die uns über den Weg lief. Irgendwann hatte wir die Idee uns T-Shirts mit dem Aufdruck "Ultimos heterosexuales en Zacatecas" ("die letzten heterosexuellen in Zacatecas") zu machen. Aber davon wurde uns dringend abgeraten. Die anderen hetero-boys hätten uns vermutlich abgeschlachtet. Hier ist Puto (also Schwuchtel) eine tödliche Beleidigung. Es war eine geniale Zeit. Ich trieb mich oft im Cafe herum, wo die unmexikanischte Frau arbeitete die ich kenne. Sie war ständig auf Speed und hatte einen Art Pippi-Langstrumpf-Style. Mir ihr saß ich oft da und beobachtete die Leute die vorbeiliefen lästerte mit ihr über Gestalten die vorbeitrieben und unterhielt mich prächtig. Irgendwann beschlossen Paco und ich Spanischuntericht zu nehmen, wobei das eigentlich mehr ein Grund war länger zu bleiben. Aber ich muß sagen, es hat sich gelohnt. Mein spanisch war danach deutlich besser. Nach 3 Wochen verabschiedeten wir uns von Zacatecas und fuhren nach Guanojuato.

Guanojuato

In Guanojuato, einer tollen Kolonialstadt die im Tal zwischen steilen Hügeln eingebettet liegt, mieteten wir uns ein Apartment. Es wurde jeden Abend gekocht, tagsüber ging jeder seinen eigenen Interessen nach. Ich lernte eine nette Amerikanerin kennen die einen super lustigen Gang drauf hatte. Als ich eine Bemerkung diesbezüglich machte, meinte sie das käme vermutlich von ihrem Sport (sie betrieb Kickboxing). Sie war ein kleines zierliches Ding das so gar nicht zu diesem Blutsport paßte. Sie hat wohl meinen Blick gesehen und meinte lachend "Yeah, i'm dangerous. You shouldn't fuck around with me." Also habe ich darauf verzichtet *lach*. Einen Tag gingen wir zum Friedhof. Dort gibt es eine weltweite einzigartige Sammlung von Mumien. Diese sind nicht etwa fürchterlich alt, sondern im Gegenteil kaum älter als 50 Jahre. Die besonders luftdichte lehmartige Erde sorgt dafür daß die Leichen größtenteils nicht verrotten, sondern mumifiziert werden. Wenn nach 40 Jahren die Gräber geleert werden, dann finden die "schönsten Leichen" den Weg in ein Museum. Ziemlich makaber, aber auch ein wenig typisch über die Art und Weise wie die Mexikaner mit dem Tod umgehen. Tags darauf trafen wir uns abends alle in einer Kneipe, schalt dei bild ei du depp wo (das erste mal in Mexiko) gute Musik lief. Bei Ska, viel Bier und Drinks und viel herumgehopse feierte ich in meinen Geburtstag rein. Ich habe so viele Drinks spendiert bekommen wie in meinem ganzen Leben noch nie. Irgendwann hat mir der Barkeeper einen von ihnen im Mund angezündet. Da stand ich dann, die blaue Flamme in meinem Mund, komplett breit und erfreute mich schwankend meines Lebens. Es war herrlich! Irgendwann hat sich die Gesellschaft aufgelöst. Ein paar Locals luden nach Hause ein, aber ich hatte schon genug. Ich verbrachte den Rest der Nacht damit den Weg zum Apartment zu finden. Dort hatte ich mich kaum hingelegt, als ich schon wieder geweckt wurde. Abends war ein Rave in Guadalajara. Mit einem Mietauto gings dorthin. Ich hatte die meiste Zeit geschlafen oder es zumindest probiert. Aber die Kifferei der anderen machte mir das etwas schwer. Aus unserem Fenster quollen solche dichte Rauchschwaden daß es ein Wunder ist, daß uns keine Streife angehalten hat. Irgendwann wollten diese Chaoten tatsächlich bei einer Tankstelle anhalten um nach dem Weg zu fragen. Dort tankte ein Polizist gerade sein Auto auf. Hektisch wurde der Dübel gelöscht, das Auto voller qualm. Das muß man ja noch aus 100 Meter riechen. Aber der Polizist war wohl mit Blindheit geschlagen. Unser Glück. Endlich, gegen 9 Uhr abends waren wir da. Ich habe mich erst mal ins Auto gelegt und gepennt. Gegen 12 bin ich dann auf den Rave gegangen. Es war ziemlich genial. Die Tanzfläche lag zwischen Pyramiden, die vom Laserlicht beleuchtet wurden. Im Tal unter uns lag ein See in dem sich der Sternenhimmel spiegelte. Dazu der Beat und die Lasershow. Ich davor noch nie auf einem Rave, aber das hier war wirklich genial. Der DJ hatte sein Mischpult auf einem Opferaltar errichtet, es gab keine Tabus. Das ganze ging bis Nachmittags um 2. Insgesamt war das der schrägste Geburtstag meines Lebens. Am Nachmittag fuhren wir wieder zurück um das Auto abzugeben. Ich nahm mir dann alleine einen Bus nach Guadalajara.