Mexiko 2002 1.Teil

Freunde in Mexikali

2 Jahre nachdem ich aus meinem Praxissemester in Mexiko zurückgekehrt war, wollte ich nochmals in dieses Land fahren. Nicht zuletzt um meine Spanischkenntnisse aufzufrischen, die kaum noch der Rede wert waren.Ich hatte Enrique geschrieben daß ich gerne in Mexicali Halt machen würde, und er bot mir an, daß ich bei Ihm wohnen könne. Als ich ihn anrief um die Flugdaten durchzugeben, hatte ich lediglich eine Frau am Telefon. Nach allem was ich so aus ihrem Spanisch-Wasserfall entnehmen schalt dei bild ei du depp konnte war das die Mutter (tatsächlich war es die Putzfrau). Ich gab ihr die Flugnummer und sagte daß ich Andreas aus "Alemania" sei. Sie verstand ein Freund von Enrique käme mit der Alaska-Airline. Die Flugnummer ging bei dem Gespräch vollkommen unter. Enrique sah also nach wann ein Flugzeug aus Alaska nach San Diego fliegt und kam zu dieser Zeit an den Flughafen um mich abzuholen. Die Tatsache, daß wir uns unter diesen Umständen überhaupt getroffen haben erscheint mir wie ein kleines Wunder. Ich mußte lediglich 2 Stunden warten. Für mexikanische Verhältnisse war das sogar pünktlich. Und dafür daß er weder die korrekte Fluggesellschaft hatte noch eine korrekte Flugnummer oder Uhrzeit, ist es unfaßbar, daß ich nicht einen Bus nach Mexikali nehmen mußte. Bei Enrique hatte ich eine geniale Zeit. Karla, seine Frau, war hochschwanger. Da Enrique in den USA arbeitet und Karla in Mexiko haben beide ein Auto. Und damit ich nicht in Enriques Haus gefangen bin, brachte ich Karla zu Ihrer Wirkungsstätte (der Universität) und hatte so ihr Auto während des Tages für mich. Das Auto war für mexikanische Verhältnisse sogar recht gut beeinander. Lediglich die Räder waren ausgeschlagen, der Auspuff verfügte Dank Rostfraß über einen beeindruckenden Sound und das linke Vorderrad war nur mit 2 Schrauben befestigt. Keine gravierenden Mängel also. Ich habe aufgrund meiner 6 monatigen Erfahrung in Mexiko einen für deutsche Maßstäbe etwas rabiaten Fahrstil und mir hat bisher noch nie jemand gesagt ich würde zu langsam fahren. Aber wenn Karla zu spät dran war fuhr sie selbst, weil ich "so langsam dahinschnecke", wie sie es immer auszudrücken pflegte. Abends wenn Enrique dann mit seinem super fertigen Suzuki-Jeep angerscheppert kam, gingen wir oft noch zu Miquel oder Bubu, Freunde die ich vor 2 Jahren kennlernte. Ein Versuch am Wochenende mal zum Klettern zu gehen (Canon de Tajo) scheiterte am kalten Wetter. Auf den Bergen pfiff tatsächlich ein eiskalter Wind. So kannte ich das gar nicht. Daher änderten wir den Plan und fuhren mit dem alten Klepper-Suzuki in die Wüste um dort zu Bouldern. Das war auch ganz toll, aber zu meinem entsetzen sprang die Kiste danach nicht mehr an. Enrique war auch etwas genervt, weil er, wie er sagte, keine Luste mehr habe schon wieder zu laufen. Wir waren mit dem Jeep über 2 Stunden von der Strasse weggefahren. Ich hatte keine Lust diese Strecke zurückzulaufen. Zumal Enrique mir noch versicherte, dies sei eine der Gegenden in denen man hin und wieder mal Flugzeuge landen sähe. Der Drogenschmuggel ist hier schließlich ein einträgliches Geschäft. Ich konnte mir jedenfalls schöneres Vorstellen als nachts in einer mexikanischen Wüste in einen Drogendeal zu platzen. Wir gaben uns daher besonders viel Mühe das Auto wieder in Gang zu bringen. Und da es glücklicherweise etwas auf einer Sanddüne Stand, konnten wir es tatsächlich in dem weichen Sand anschieben. Es ist ein typischer Wesenszug mexikanischer Gleichgültigkeit, daß Enrique trotzdem er schon einige Male aus der Wüste nach Hause laufen mußte, noch immer mit seinem fahrenden Schrotthaufen Offroad geht. Weg von allem Verkehr und jedweder Zivilisation. Aber er ist nicht verrückt. Er hat stets 10 Liter Wasser im Auto. Für alle Fälle wie er sagt. schalt dei bild ei du depp Enrique hat sich oft beschwert, daß er noch nie in seinem Leben soviel Alkohol getrunken habe wie in der Zeit in der ich ihn besuchte. Tatsächlich war es genau das was wir täglich taten. Wir saßen abends zusammen, haben gequatscht und Bier getrunken. Oft bis spät in die Nacht. Es war toll. Einmal sind wir zum Skaten gegangen. In der Pipe bin ich so oft geflogen wie noch nie, aber ich bin davor auch noch nie eine senkrechte Wand hinunter gefahren.... Tagsüber ging bin ich oft in die Albuerge. Das ist ein Heim für Leute die sich dort von einem mißglückten Grenzübertritt erholen können. Es wird von deutschen Zivis bewirtschaftet. Hier, wo ich vor 2 Jahren oft mit Andi zusammen gesessen hatte, sind inzwischen natürlich andere Leute. Zwei deutsche Jungs. Beide schwer in Ordnung. So hatte ich auch dort eine gute Zeit. Mittags war ich oft bei Karlas Mutter zum Essen. Sie kocht für alle Studenten. Das Haus ist ständig voll mit irgendwelchen Jugendlichen, die bei ihr etwa warmes zu essen bekommen und in ihrem Haus ein und ausgehen. Dort ist immer was los. Mein spanisch ist natürlich eine Katastrophe, aber immerhin lerne ich dort ein wenig. Karla weigert sich strikt mit mir englisch zu sprechen. Das ist natürlich gut für mich, aber sie macht es wohl doch eher, weil sie keine Lust hat englisch zu sprechen. Dabei drängt sie Enrique dazu nach San Diego (USA) zu ziehen. Ihr gefällt das Klima dort besser als im Wüstenhaften und im Sommer bis zu 50 Grad heißen Mexikali. Sie nennt mich immer (mehr oder weniger schmeichelhaft) "el pinche aleman" was soviel wie "scheiß Deutscher" heißt. Sie sagt das so schön, daß ich mir das in Mexiko als Kriegsnamen zugelegt habe.

Die Fahrt bis La Paz

Nach 2 Wochen in Mexicali wollte ich nun meine Runde starten. Die Baja California ist sehr schwer ohne eigenes Verkehrsmittel zu ergründen, zudem kannte ich die Landschaft recht gut. Schließlich waren wir dort vor 2 Jahren sehr oft zum klettern. Ich nahm also einen Bus bis an die Südspitze der Halbinsel. Schon im Voraus war ich von der langen Fahrt genervt. Ich sitze ungern lange im Bus. Als mir die Tante am Ticketschalter verriet, daß es 18 Stunden Fahrt seien spürte ich bereits meinen Hintern Taub werden. 18 Stunden! Naja, ich hatte einen Walkman, es gab einen Fernseher im Bus und die Landschaft ist schön. Den Walkman hatte ich nötig, denn wie alle Busfahrer, begeisterte sich auch der Lenker dieses Busses für Banda-Musik. Diese Mischung zwischen Polka und Country ist das übleste was ich an Musik kenne. Und die Musik kommt nur dann richtig gut, wenn man sie aufdreht, was der Fahrer natürlich auch prompt tat. Um das zu übertönen mußte ich den Lautstärkeregler meines Disksmans bis zum Anschlag drehen. Nach einigen Stunden konnte ich meinen Ohren dann endlich eine Pause gönnen. Der Fahrer legte einen Video ein. Meine anfängliche Begeisterung wurde jedoch recht schnell gedämpft. Ich hatte bisher noch keine Vorstellung vom schlechten Niveau mexikanischer Eigenproduktionen gehabt, doch die Filme waren das grausamste was ich bislang gesehen habe. Zudem legte der Busfahrer so viele Pausen ein, daß wir statt der geplanten 24 Stunden (nicht etwa 18 wie mir gesagt wurde) volle 8 Stunden länger benötigten. Die ganze Fahrt war eine echte Tortur. Seitdem habe ich es stets gehaßt in diese Busse zu steigen, selbst für kurze Fahrten. Als ich in La Paz ankam, war ich komplett gerädert. Ich sah mir für 2 Tage Los Capos an, aber ich konnte mich überhaupt nicht dafür begeistern, so daß ich beschloß schon gleich am folgenden Tag mit der Fähre nach Mazatlan überzusetzen.